Was spiele ich sie gerne, die Simulationen und cozy Games da draußen in meiner stetig wachsenden Steam-Bibliothek! Stundenlang dem Gefühl nachlaufen, Erfolge zu feiern und Fortschritte zu erzielen. Die Rede ist hier – exemplarisch natürlich – von meiner Beziehung zu Games wie Stardew Valley, Sims, Dinkum (ein niedlicher Animal Crossing Klon) und Co. Veröffentlicht wurde der Artikel zuerst im Oktober 2022 auf dem wundervollen Wissenschafts- und Journalismusblog Language at Play. Schau‘ da doch gerne mal vorbei, wenn dich solche Auseinandersetzungen mit Videospielen interessieren.
Hilfe, ich kenne diese Spiele gar nicht?!
Ein kurzer Exkurs in das, worum es bei den Spielen geht, für all diejenigen, die diese Spiele vielleicht nicht kennen. Sims ist vielleicht am ehesten ein Begriff für die große Masse. Im Jahr 2000 erschienen war das Spiel (zusammen mit Sims City aus dem Jahre 1989) eine Antwort der Spieleindustrie aus die große Frage nach dem „was nun?“, nachdem mit dem Mauerfall auch das Feindbild in West-Ost, in Gut und Böse einbrach. Es begann die Zeit der Videospiele, in denen das Individuum mit seinen Bedürfnissen, Interessen und dem Wunsch nach einem erfolgreichen Leben im Vordergrund steht. So wird der Spieler bei Sims in das Leben eines (oder mehrerer) virtueller Charaktere (namentlich als Sims bezeichnet) geworfen und kann sich zu Spielbeginn mit einem begrenzten „Vermögen“ ein erstes Haus/Wohnung leisten. Dann steht es den Spieler*innen frei, wie sie weiter mit den Sims verfahren möchten. Es gibt zu ergreifende Berufe, unendliche Möglichkeiten zum eigenen Hausbau, zur Einrichtung, zur Familienplanung u. v. m. Nebenbei wird jedoch klar: Diese Sims haben Bedürfnisse. Hunger, Hygiene, Sozialkontakte, Schlaf und noch einige weitere gilt es durch die Spieler*in zu befriedigen, damit der Sims glücklich bleibt bzw. nicht stirbt.
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Über den Reiz eines virtuellen Lebens
All diese Spiele bereiten mir persönlich große Freude und führten durch ihr Spielprinzip bisher zu langen Spielsitzungen und etlichen Spielstunden (Danke Steam, dass du mir die auch noch anzeigst). Im nachfolgenden Text möchte ich diese Spielprinzipien und -mechaniken näher beleuchten, darauf eingehen, wieso sie mich als Individuum auf psychologischer Ebene so fesseln und wie es in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext eingebettet werden könnte.
Die Spiele locken zu Beginn mit einfachem und schnellem Fortschritt. In Die Sims verschafft man sich einen Job und verdient das erste Geld. Belohnt wird man mit der Möglichkeit, neue Möbel zu kaufen oder benutzbare Gegenstände wie Gitarren, Staffeleien oder einen neuen Herd zu erwerben. Die Wohnstätte des Sim wird immer individueller. Ähnlich zügig geht es auch in Stardew Valley, als das erste Geld mit dem ersten eigenen Gemüse alsbald in den persönlichen Geldbeutel fließt.
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Langsam pendelt sich der “Alltag” ein und neue Belohnungen sind weiter weg. Für den Lieblingssessel muss der Sim nun schon mehr arbeiten gehen und auch auf dem eigenen Bauernhof heißt es einige Wochen auf das Saatgut zu warten, bevor das verdiente Geld in eine Scheune oder eine bessere Spitzhacke gesteckt werden kann. Doch die Ziele sind immer noch zum Greifen nah. Investieren muss der/die Spieler*in hier nur eines: Spielzeit. Mit jeder Stunde heimst man mehr Belohnungen ein für diese Investition und es macht sich ein Gefühl von Erfolg und Kontrolle bereit. Eine gelungene Ausflucht.
In manchen Sitzungen, da fesseln mich diese Spiele mehr Stunden als beabsichtigt. Man setze sich ein nahes Ziel und erreiche es. Nur noch 2 Ingame-Tage spielen, dann kann ich die Melonen ernten. Nur noch fünf Gemälde verkaufen, dann kann der Sim sich das Auto leisten. Das wäre der Zeitpunkt, das Spiel zu beenden und an einem anderen Tag weiterzuspielen. Oder?
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Automatisiertes Bewässerungssystem von JunBug77 (Reddit)
Das Spiel als Flucht vor der Gesellschaft
Als Nutzungsmotivation von Videospielen wird häufig Eskapismus angeführt. Also die „Ausflucht“ in digitale Welten. Dies wird in den meisten Fällen individualistisch beleuchtet und negativ konnotiert. Das Individuum entscheidet sich selbst aktiv für diese Flucht und tue dies aus Bequemlichkeit, Feigheit oder aus Zeitverschwendung. (Calleja, 2010) Dabei ist der Grund für diese Flucht vielmehr in den umgebenden Bedingungen der Gesellschaft zu sehen. Warum greifen wir auf Videospiele zurück, um Bedürfnisse zu befriedigen und Wünsche zu erfüllen? Ich führe die Beliebtheit solcher vergleichsweise einfacherer Lebens- oder simplen Wirtschaftssimulationsspielen u. a. auf den kapitalistischen Leistungsdruck der modernen Gesellschaft zurück. Dabei steht das Spiel als solches dem Kapitalismus gegenüber. Wer spielt, der produziert nicht. (Frissen & Lammes, o. J.) Und so begegnen wir in der Gesellschaft den steigenden Ansprüchen an das Individuum, denen wir oft nicht mehr gerecht werden können. Es führt zu Selbstkritik, zum Drang nach Selbstoptimierung und dadurch zu Erschöpfung und Burn-out.
Den vollständigen Text kannst du auf Language at play lesen: