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Aktivismus: Burnout oder Empowerment?

„Aktivismus bedeutet, etwas zu unternehmen, um einen ungerechten Status quo zu verändern.“

(Conner et al., 2023)

Aktivismus besteht sowohl aus der physischen, öffentlichen, direkten Handlung als auch der unterstützenden Handlung hinter den Kulissen. Doch Aktivismus ist nicht nur Idealismus und Ehrenamt, sondern auch Stress. Dieser kann durch zahlreiche Faktoren ausgelöst und aufrechterhalten werden. Was das mit den Menschen auf Dauer tun kann, ist klar: Erschöpfung und Burnout.

Trotz der vielen positiven Faktoren, die Aktivismus auf Menschen haben kann, sind auch negative Aspekte spürbar:

  • Stete Aufmerksamkeit auf verstörende und negative Informationen und Zukunftsprojektionen
  • Sich wiederholende Krisenarbeit
  • Subjektiv ausbleibende Erfolge und Ergebnisse
  • Ein stetes Arbeiten gegen gesellschaftliche Widerstände
  • Fehlende oder geringe Ressourcen
  • fehlender Rückhalt & Support für aktivistische Tätigkeit
  • erlebte Diskriminierung und Ausgrenzung innerhalb der aktivistischen Strukturen
  • interne Kommunikationsschwierigkeiten
  • abweichende Meinungen zu Handlungsoptionen und Zielen.

Diese und andere Faktoren und Erfahrungen können zu Burnout führen. Doch was bedeutet Burnout eigentlich?

Burnout-Symptome nach Maslach:

  • Erschöpfung, aufgebraucht fühlen
  • Zynismus als negative, gefühllose, distanzierte Reaktion auf die Arbeit
  • Gefühle von Ineffizienz, fehlender Leistung und Zweifel an Leistungsfähigkeit und Selbstwert

Burnout im Aktivismus:

  • Starkes Gefühl von Druck und Verantwortlichkeit
  • Gefühl, innerhalb der Bewegung attackiert/ abgelehnt zu werden
  • Hoffnungslosigkeit bezüglich der sozialen bewegung
  • Gefühl, zu als Aktivist*in scheitern

Doch um motiviert und gesund zu bleiben, empfehlen verschiedene Autor*innen individuelle und organisationale Lösungen. Wichtig ist hier auch, diese systemische Ebene mit einzubeziehen: Erschöpfung und Burnout zeigen sich zwar im Erleben des Individuums, sind aber auch strukturelle Probleme und bedürfen struktureller Lösungen. Es ist nötig, auch gemeinsam diese Strukturen anzufassen und Umstände zu schaffen, in denen wir produktiv und gesund bleiben können.

Individuelle Lösungen:

  • Eigene Arbeit schriftlich reflektieren
  • ausreichend Pausen nehmen und lernen, effektiv abzuschalten
  • soziale Supportnetzwerke nutzen: Gemeinsam weinen & lachen
  • Kreativität und Selbstfürsorge ausleben
  • Emotionales Selbstmanagement

Strukturelle Lösungen:

  • Arbeitsatmosphäre in der Organisation verbessern
  • Arbeitsgeschwindigkeit und -Druck anpassen
  • persönliches Wohlbefinden und Prioritätensetzung fördern
  • Autonomie erhöhen, Führung teilen
  • Meetings strukturieren, Ziele und Prioritäten gemeinsam klären
  • Anerkennung & Belohnung

All dies sind Themen, die in der Psychologie untersucht, bearbeitet und behandelt werden. Es ist ein interdisziplinäres Feld mit Einflüssen aus der klinischen Psychologie, der Arbeits- und Organisationspsychologie, der Gesundheitspsychologie und weiteren Unterdisziplinen.

Zeit für Empowerment!

Meine liebe Kommilitonin Elli Kutscha hat mir ein Rezensionsexemplar zu ihrem und Kathrin Rothenburg-Elders Buch „Empowerment für Aktivist*innen“, veröffentlicht im Psychosozialverlag, zukommen lassen und da bietet es sich an, es mit euch zu teilen.

Das Buch umfasst drei Teile, auf die ich nachfolgend eingehen werde.

Teil 1: Einleitung, Entstehung & Hintergründe.

Absolut schön zu lesen, mit welchem Hintergrund und Motivation die Autor*innen sich dem Buch gewidmet haben. Im Vordergrund steht häufig der Klimaaktivismus, so auch im Vorwort von Lea Dohm. Ebenso wird zusammengefasst, was uns beim Lesen erwartet und wofür das Buch gedacht ist und – wofür nicht! Dieser Anspruch ans eigene Kritisch-Sein und Reflexion ist wichtig und gut gelungen.

Teil 2: Die Übungen für dein Empowerment und Wohlbefinden.

Die Autor*innen gehen von einer Empowerment-Session mit drei Teilen aus. Diese drei Teile sind so auch in der Reihenfolge im Buch zu finden: Erst Übungen zum Einstieg, Aufwärmen und Ankommen. Dann die Kernzeitübungen, um mit uns, mit Zielen, mit Gefühlen oder dem Körper in Kontakt zu kommen. Und zum Schluss nochmal abschließende Ausklangübungen, um nach der Session wieder gut in den Tag zu finden. Als wichtigen Zusatz gibt es danach noch ein Kapitel mit Erste-Hilfe-Übungen.
Besonders schön: Viele der Übungen kommt nicht nur mit Anleitung und Materialliste, sondern auch mit kurzer Erwähnung, woher die Übung stammt, und mit Alternativumsetzungen. Eine Übung wird im Sitzen beschrieben, das tust du aber schon so oft? Keine Sorge, es gibt Alternativen im Stehen! Das ist genau der inklusive Umgang miteinander, den ich mir wünsche.

Teil 3: Theorie zur Praxis!

Wo Praxis drin ist, steckt auch Theorie drin. Das lassen sich die zwei Autorinnen nicht nehmen und geben uns zum Abschluss nochmal Wissen mit an die Hand. Warum überhaupt Empowerment und Selbstfürsorge im Aktivismus? Welche psychosozialen Risiken erleben Aktivistinnen? Was ist Widerstandskraft?

Wer aktivistisch tätig ist und dabei für sich oder seine Organisation Unterstützungsmöglichkeiten sucht, um psychisch gesund, motiviert und optimistisch zu bleiben, dem kann ich dieses Buch nur wärmstens empfehlen!

Danke an Elli und Kathrin!

  1. Chen, C. W., & Gorski, P. C. (2015). Burnout in Social Justice and Human Rights Activists: Symptoms, Causes and Implications. Journal of Human Rights Practice, 7(3), 366–390.
  2. Conner, J. O., Greytak, E., Evich, C. D., & Wray-Lake, L. (2023). Burnout and Belonging: How the Costs and Benefits of Youth Activism Affect Youth Health and Wellbeing. Youth, 3(1), 127–145.
  3. Cox, L. (2011). How do we keep going. Activist burnout and personal sustainability in social movements. Into-ebooks.
  4. Hanson, S. O. (2023). Self-Compassion and Burnout in Socially Progressive Student Activists: Hope and Hopelessness as Mediators. University of Manitoba.
  5. Rothenberg-Elder, K., & Kutscha, E. (2024). Empowerment für Aktivist*innen: Ein Leitfaden zur Selbstfürsorge im Ehrenamt (1. Aufl.). Psychosozial-Verlag.
  6. Schüz, B., & Renneberg, B. (2006). Theoriebasierte Strategien und Interventionen in der Gesundheitspsychologie. In B. Renneberg & P. Hammelstein (Hrsg.), Gesundheitspsychologie. Springer Medizin-Verl.
  7. Vandermeulen, D., Hasan Aslih, S., Shuman, E., & Halperin, E. (2023). Protected by the Emotions of the Group: Perceived Emotional Fit and Disadvantaged Group Members’ Activist Burnout. Personality and Social Psychology Bulletin, 49(7), 1086–1096.