„Verbunden. Wie du in digitalen Zeiten wieder Platz schaffst für Dinge, die dir wirklich wichtig sind.“ Als Psychologe und Medienwissenschaftler dachte ich mir: Hui, ein tolles Thema, das muss ich lesen.
Die ersten Kapitel unter der großen Überschrift „falsch verbunden“ klären hier auf, wieso wir so am Digitalen hängen, wir die ständige Zeit am digitalen Endgerät uns im Alltag beeinflusst, uns ruheloser und gestresster machen kann, schlecht schlafen usw. Dabei geht es nicht nur um (teilweise) richtiges Wissen, auch um eine normative Idee von Gesellschaft, von Verbundenheit und – das muss ich ehrlich zugeben – eine unnötig kulturpessimistische Medienperspektive. Das sehe ich als Medienwissenschaftler schon anders. Es geht bspw. um den stressvollen Konsum von Nachrichten am Handy und Schuld daran sei der Medienkonsum und nicht beispielsweise die stressige und krisenbehaftete Zeit. Ja, Weggucken ist bestimmt entspannter, aber für meine, deine und unsere Zukunft halt auch nicht hilfreicher. Bitte reflektiert einen Mittelweg suchen.
Das zweite große Kapitel „neu verbunden“ macht Themen auf zur eigenen Persönlichkeit, zu Bedürfnissen und Co. und stellt dabei auch Reflexionsfragen. Wer will ich sein, was ist mir wichtig und vieles mehr. Gute und wichtige Fragen sind dabei. Das Wissen zu den Aspekten, die uns „guttun“ und „Verbundenheit“ schaffen, wirken auf mich aber eher willkürlich zusammengeworfen. Meditation hier, Vagus-Nerv dort, Persönlichkeitstypen dort (aber warum zum Henker den DISG-Typentest?) und dann noch nebenbei mal Hochsensibilität erwähnen. Und Sport machst du bitte auch mehr. Danach ein Abdriften in Bindungstheorie und -stile und da einfach digitale und analoge Kommunikation irgendwie vermischen, für Probleme Bindungsstile verantwortlich machen und übersimplifiziert psychologisch streitbare Aussagen (was Psychologie so nicht tut/kann) treffen. Hat das geklappt, ernähre dich bitte aber auch gut und finde draußen analoge Freund*innen, die du ohne Handy in der Hand triffst und später erziehst du bitte auch Kinder mit Vorliebe zum Analogen, damit die doch auch draußen spielen statt im Internet. Eine kulturell missverstandene und geklaute Version des IKIGAI Konzeptes gibt’s auch noch. Darf ja nicht fehlen in einem Buch, das mir mein gesamtes Leben einmal anders coachen will. Das geht auch so schnell von Thema zu Thema, dass ich mich gar nicht richtig in ein Thema eindenken konnte.
Bei all dem geht es darum, was das Individuum gefälligst ändern müsste, für alle Lebenslagen gibt es „eine richtige Richtung“ oder Idee dahinter, die man doch verfolgen sollte. Gesellschaftliche Erwartungen und Druck wird scheinbar ausgeblendet, eigentlich sind wir alle doch freelance-new-work-nomaden oder wie man die Selbstständigen mit MacBook im Café auf Bali so nennt. Ist eine E-Mail beantworten ‘shallow work’? Ja. In meinem Job wegzudenken? Nein.
Das Gute an dem Buch ist, dass mir die nächste Lektüre gleich spannender und willkommener erschien.