Preclaimer: Das vorliegende Buch zum Psychotherapie Kompass ist ein Rezensionsexemplar. Danke hierfür an Anatol Bräunig und den Trabanten Verlag.
Nicht ‘normal’ sein, ist keine psychische Störung und eine psychische Störung zu haben, bedeutet nicht, dass man nicht normal ist.
Anatol Bräunig in seinem Buch (S. 9)
„Nie ohne Seife waschen“ – der altbekannte Merkspruch für Himmelsrichtungen – hat zwar nichts mit Anatol Bräunigs Psychotherapie Kompass zu tun, doch das Buch bietet Orientierung für alle, die sich über Psychotherapie informieren oder eine eigene Therapie in Erwägung ziehen. Ich habe das Rezensionsexemplar als Psychologe nicht nur gelesen, sondern möchte es hier mit euch teilen und einschätzen!
Anatol Bräunig gelingt es, das komplexe Thema Psychotherapie auf 228 Seiten verständlich und nahbar darzustellen. Mit einer sympathischen und klaren Sprache führt er durch die wesentlichen Aspekte: von den Grundlagen der Psychotherapie bis hin zur konkreten Umsetzung und den häufigsten Fragen. Der Einstieg ins Buch macht psychische Störungen und psychosoziale Krisen sichtbar und gibt eine wertvolle gesellschaftliche Einordnung. So stellt sich die Frage: Wo hört Gesundsein auf, und wo beginnt das Kranksein? Diese Einordnung bildet eine hilfreiche Grundlage, um sich weiter mit der Psychotherapie zu beschäftigen.
Für alle, die den Einstieg in die Therapie suchen – sei es als künftige Klientinnen, Angehörige oder Fachkräfte – beantwortet Bräunig die wichtigen Fragen: Wie kommt man an eine Therapie? Welche Therapieformen gibt es? Und was bedeuten die verschiedenen Titel wie Psycholog*in, Psychotherapeut*in, Psychiater*in oder psychologischer Berater*in? Der Überblick ist umfassend und wird durch viele praktische Informationen ergänzt, sodass sich Leser*innen gut vorbereitet und informiert fühlen können.
Ein besonderes Highlight des Buches sind die vielen eingestreuten Fallbeispiele. Bräunig beschreibt einfühlsam, was eine Therapie ausmacht, wie Therapeutinnen arbeiten und welche Bedeutung die Therapie für Klientinnen haben kann. Dabei wird deutlich, dass Therapie ein gemeinsamer Prozess ist – ein Miteinander und ein gemeinsamer Weg, den Therapeutin und Klientin zusammen beschreiten. Auch wichtige Rechte der Klientinnen werden thematisiert, was den Leserinnen das Gefühl vermittelt, selbstbestimmt und in einer unterstützenden Partnerschaft zu sein. Bis hin zum Thema „Therapieende“ bleibt das Buch lebensnah und praktisch. Bräunig zeigt auf, wie der Abschied von der Therapie gestaltet werden kann und wie es danach weitergeht.
Fazit: Die klare, sympathische und einfühlsame Schreibweise macht den Psychotherapie Kompass besonders lesenswert. Bräunig vermittelt nicht nur Fachwissen, sondern bietet auch Reflexionsfragen, die den Therapieprozess auf persönlicher Ebene greifbar machen. Er schafft es, das Thema Psychotherapie empowernd darzustellen, sodass Leserinnen sich informiert und unterstützt fühlen. Für Psychotherapiesuchende, aktuelle Klientinnen, psychosoziale Fachkräfte und alle, die mehr über das Thema erfahren möchten, ist das Buch eine absolute Empfehlung.
Mein einziges Manko: Konkrete Hinweise auf unterstützende Angebote wie durch das Jugendamt finanzierte Familienhilfe oder das durch Sozialämter finanzierte ambulant betreutes Wohnen wären nützlich gewesen. Aus meiner eigenen Berufserfahrung hilft es, sich der Hilfsangebote vorher konkret bewusster zu sein, bevor der Schritt zum Amt getan wird, um die ‘Angst’ vor den offiziellen Ämtern etwas abzumildern. Ebenso gewünscht hätte ich mir mehr Informationen zur Rolle des Umfelds bei Veränderungen durch die Therapie und auftretende Wechselwirkungen. Wie kann das Umfeld darauf reagieren, wenn ich mich durch die Therapie verändere und wie kann ich damit umgehen, wenn das Umfeld negativ auf diese Veränderungen reagiert?
Nicht destotrotz bleibt der Psychotherapie Kompass ein hervorragender Ratgeber und eine wertvolle Orientierungshilfe – lesenswert für alle, die mehr über Psychotherapie erfahren möchten.